Die Figuren

und Ihre Künstler

Martin Luther

Johannes Calvin

Postmoderne



In allen Figuren dieser Veranstaltung der Evangelisch reformierten Kirchengemeinde Nonnenroth soll das große Thema der Reformation zum Ausdruck kommen: Freiheit – aber auch die Gefährdung von Freiheit. Daher stand die gesamte Veranstaltung innerhalb des mittelhessischen Kultursommers unter dem Thema: Traum von Freiheit.

Alle Figuren sollen zum Ausdruck bringen, dass Reformation nicht ein Geschehen in der Geschichte ist, sondern dass die Auswirkungen spürbar sind bis in die Moderne und Postmoderne:

Martin Luther der Rebell um des Glaubens willen, damit Menschen ihren Glauben ohne Angst und mündig leben können.

 

Diesen Martin Luther wieder ins Bewusstsein zu rufen, passt gerade jetzt sehr in unsere Zeit, in der wir viel darüber diskutieren, ob wir Menschen Zuflucht bieten oder sie ausschließen sollten. 

Als Martin Luther am 31. Oktober 1517 seine Thesen an die Kirchentür der Schlosskirche zu Wittenberg schlug wollte er eine Diskussion in Gang setzen, an deren Ende eine Veränderung von Kirche stehen sollte. Vieles ist ihm gelungen: 

Er war maßgeblich einer derjenigen, die an der Brücke, die vom Mittelalter in die Neuzeit führt, mit gebaut haben. Er hat für die Unterprivilegierten und Ausgeschlossenen gekämpft. Dabei hat er sich nie als den Held gesehen, zu dem ihn (besonders) das wilhelminische Deutschland gemacht hat.

Dennoch verdanken wir ihm viel. In diesen Tagen kommt eine neu revidierte Lutherbibel heraus. Für unzählige Menschen ist sie Kraftquelle ihres Glaubens. So soll auch das erste, was man von dem Nonnenröther ‚Luther Denk-mal‘ sieht darauf aufmerksam machen:

 

Sola Scriptura. Allein die Schrift … Wenn man von Hungen aus dem Wald kommt, wird Luther über einen Kilometer zu sehen sein. So schaut er ins Tal – Richtung Worms. 

Aber wer ihn näher anschaut, sieht auf seiner linken Brust den Davidstern. Luther und seine Judenschriften sind ein Stolperthema im Blick auf das Reformationsjubiläum. Vermutlich ist diese Statur, die erste einer Luther-Skulptur, der Aspekte einer verhängnisvollen Wirkungsgeschichte ‚anheftet‘. Daher möchten wir unsere dies fast 350 cm hohe Figur immer mit einem Bindestrich bezeichnen: Luther Denk-mal“. 

 

In Luthers Auseinandersetzung mit dem Judentum ist eine Lebenslinie von Polemik und Gewalt-Rhetorik seit den frühen 1520er Jahren erkennbar. Luther war nicht der Urheber von Antijudaismus. Dies beginnt bereits im Neuen Testament. Aber er und die evangelische Kirche – die teils auch noch seinen Namen trägt - steht in Mitverantwortung für das, warum Menschen den Davidstern tragen mussten und was an antijüdischen Gewaltmaßnahmen im 20. Jahrhundert geschah. Dass es Menschen aus Weißrussland sind, die diese Figur geschnitzt haben. bewegt uns im Besonderen. Kein anderes Land in Europa hat solche Opfer gebracht. Jede dieser Figuren ist eine ausgestreckte Hand zur Versöhnung. Das Geheimnis der Versöhnung heißt Erinnerung. Diese Lutherfigur will in besonderer Weise dazu ermutigen …

 

Die Figur: Der Franzose Johannes Calvin (1509-1564) war neben Luther einer der bedeutendsten Reformatoren. Er hat das Reformationswerk Luthers weitergeführt und dem Protestantismus in Westeuropa zum Durchbruch verholfen. 25 Jahre lang war er evangelischer Pfarrer in Genf. Mehrere tausend Briefe sind von ihm erhalten, mit denen er die Reformation in ganz Europa unterstütze. Außerdem hat er weit über 100 Schriften und Bücher verfasst, die schon zu Lebzeiten in viele Sprachen übersetzt wurden. Zeitweise war er sogar der meistgelesene Autor des 16. Jahrhunderts. Durch die 1559 von Calvin begründete Akademie wurde Genf zu einem Bildungsschwerpunkt des reformierten Protestantismus, der heute weltweit etwa 80 Millionen Mitglieder in 107 Ländern umfasst. Wir in Nonnenroth und Villingen gehören dazu. Deshalb heißt die Evangelische Kirchengemeinde Nonnenroth: Evangelisch reformierte Kirchengemeinde.

Seit Max Webers Schrift von 1904 „Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“ hält sich die Diskussion – (vielleicht kann man auch sagen – hält sich das Gerücht), dass die Reformation die von Genf ausging, in besonderer Weise, ein Wegbereiter des Kapitalismus gewesen sei. In einer sehr komplexen Argumentation führt Weber aus, dass zwischen Wirtschaftshandeln und religiöser Ethik "Wahlverwandtschaften" bestehen können, die "zwischen gewissen Formen des religiösen Glaubens und der Berufsethik erkennbar sind". 

In einer Welt und in einer Zeit, in der ‚die Schere zwischen arm und reich‘ immer weiter aufgeht, wollen wir mit dieser Figur darauf aufmerksam machen, ‚dass Eigentum verpflichtet‘ und eine Wertedebatte immer auch von der Kirche in die Gesellschaft hinein geführt werden muss! 

Als Markenzeichen für einen dekadenten Kapitalismus hat der Schnitzer dem Reformator Calvin eine Rolex an die linke Hand geschnitzt. Und erstmals wird Calvin gleich mit zwei Büchern dargestellt. Damit soll die Bedeutung von Bildung und Religion dargestellt werden. Sie sind untrennbar miteinander verbunden. Wer das eine über das andere stellt, verlässt den Weg der Reformation.

 

Die Figur: Menschen den Postmoderne. Der Künstler hat drei Fenster in sie hinein gehauen, die er nach 1. Korinther 13 Glaube, Hoffnung, Liebe genannt hat. Das verbindet die Menschen über alle Zeiten hinweg. Nur wenn diese Fenster geöffnet bleiben, hat der Mensch der Postmoderne eine Zukunft. Diese Fenster zu öffnen, war und ist immer Aufgabe von Reformation … die niemals endet. …“.